Gegenwärtig wird in Europa deutlich, wie groß die Abhängigkeit von monopolhaften US-Anbietern ist. Diese sehen sich nicht als Medienherausgeber und wollen in diesem Sinne auch keine Verantwortung für ihre Rolle in einem demokratischen Diskursprozess übernehmen. Vorherrschendes Geschäftsmodell ist der Handel mit und die Verwertung von personenbezogenen Daten, was oft mit der Verletzung von Persönlichkeitsrechten einhergeht. Das Diktat der Nutzungsbedingungen dieser Plattformen gibt auch die Art der Kommunikation vor, mit bisher vielfach negativen Auswirkungen auf den demokratischen Diskurs. Leider werden in dieser Diskussion die enormen demokratischen Potentiale einer Öffnung der Mediensektoren hin zu breiterer zivilgesellschaftlicher Teilhabe weitgehend ausgeklammert. Daher dominiert in der öffentlichen, medienpolitischen Debatte in Europa vor allem eine protektionistische Haltung, die sich der Perpetuierung des bestehenden, aber längst nicht mehr zeitgemäßen, Regulierungsrahmens von Massenmedien verschrieben hat. Damit soll in erster Linie der europäische Medienmarkt vor den US-amerikanischen Konzernen wie etwa Facebook oder Youtube „verteidigt“ und national festgefahrene Strukturen erhalten werden.
Dementgegen wirft der bereits weit fortgeschrittene Medienwandel aber generell völlig neue und weitgehend undiskutierte Fragen für zukünftige Konzepte der Medienpartizipation auf, etwa was die Nutzung und Rolle von Communitymedien betrifft, aber auch, wohin sich aufgrund geänderten Nutzungsverhaltens insbesondere Broadcasting-Medien technologisch entwickeln werden und welche Auswirkungen dies auf Formate, Darstellungsformen wie auch auf künstlerische Äußerung haben wird.
Mit „Building a European Digital Public Space – Strategies for taking back control from Big Tech platforms” hat CBA-Vorsitzender Alexander Baratsits eine Sammlung von Aufsätzen von wissenschaftlichen Expert:innen und Aktivist:innen aus dem Bereich der öffentlich-rechtlichen sowie der nicht-kommerziellen Medien herausgegeben. Diese Publikation setzt sich mit der Frage auseinander, wie ein öffentlicher demokratischer Diskurs in der digitalisierten Wirklichkeit etabliert werden kann. Wie können Werte wie Offenheit, Transparenz, Datensouveränität und Grundrechte wie Diversität, Pluralismus, Qualität und Meinungsfreiheit in diesem repräsentiert werden? Was ist notwendig um eine unabhängige europäische Infrastruktur zu schaffen und wie kann diese demokratisch organisiert werden?
Die Texte stammen von: Jan-Hendrik Passoth, Franz Heinzmann, Katja Bego, Max Schulze, Alek Tarkowski, Paul Keller, Mira Milosevic, Gabrielle Guillemin, Maria Luisa Stasi, Anna Mazgal, Geert-Jan Bogaerts, Volker Grassmuck, Leonhard Dobusch, Klaus Unterberger, Christian Fuchs, Barbara Thomass, Bill Thompson, Ulli Weish, David Trattnig, Sabine Fratzke, Ingo Leindecker, Michael Nicolai und Alexander Baratsits.
Die Publikation wurde mit Mitteln der Stadt Linz und mit Unterstützung von Radio Orange realisiert.